Puppy Yoga! Wer kommt denn auf sowas?

Jetzt sag ich mal was richtig Böses: Die Menschheit verblödet und singt und tanzt noch dabei. An schlechten Tagen würde ich jetzt sagen: nicht so schlimm, um die meisten ist es sowieso nicht schade. Zum Glück habe ich solche Tage doch eher selten.

Aber hin und wieder stolpere ich über Angebote mit Hunden, da frag ich mich schon, was in den Köpfen derer vorgeht, die sowas anbieten, bzw. das annehmen. Es gibt nämlich einen neuen Trend: Puppy Yoga.

Ja, so hab ich auch geschaut, blöd und irritiert. Was soll das denn wieder sein? Also frag ich Tante Google und stelle fest, da haben sich Menschen, die Hunde lieben – glaub ich ihnen, denn Liebe geht seltsame Wege – und Yoga anbieten – ist nichts dagegen einzuwenden -, das unter tierschützerischen und menschenfreundlichen Aspekten zusammen zu bringen wollen.

Das mit dem „menschenfreundlich“ kann schon sein, dass „Tierschutz“ eine wie auch immer geartete Rolle spielt, möchte ich doch mal bezweifeln. Es handelt sich schlicht und ergreifend um eine Geschäftsidee, die wieder mal über den großen Teich herüberschwabbt. Auf zahlreichen Videos sieht man total niedliche Welpis, die da zwischen den Yoguretten rumwuseln, bekuschelt und auf den Arm genommen werden – und schon ist die Kundin glücklich, erzählt zu Hause ihren Freundinnen, wie super niedlich das doch ist, und – schuppdiwupp – haben wir viele neue Kundinnen, die einem die Kasse füllen. Um was anderes gehts nämlich nicht.

Wenn man auf die deutsche Seite puppyyoga.de geht, liest sich das, als wären das einfach irgendwelche Idealisten, die ihren Kundinnen was gutes und gleichzeitig was für den Tierschutz tun wollen. Und natürlich, ganz wichtig, wir tun auch was für die gute Sozialisierung der Welpen. Zitat von der deutschen Seite: „Die freundlichsten Hunde sind in gut sozialisierten Verhältnissen aufgewachsen. Sobald die Welpen aktiv ihre Umwelt erkunden, sind kleine Abenteuerausflüge sehr sinnvoll. Bei uns gewöhnen sich die Welpen in einer ruhigen, liebevollen Umgebung an neue Situationen und fremde Menschen, sodass sie perfekt sozialisiert und stressfrei in ihre Familie gehen können. Warum das so wichtig ist? Stress hat problematische Auswirkungen – er macht Hunde leicht reizbar und kann aggressive Verhaltensweisen nach sich ziehen. Frühe, positive Erfahrungen helfen dem Hund später schneller Hindernisse zu überwinden.“

Also wir haben schon mal was von Stress gehört, aber wenn die Babys bei uns in den Yogastunden mit dabei sind, dann ist alles super. Denn das ist kein Stress für die Kleinen, weil ja alle Menschen die Kinderchen lieb haben, denn (Zitat): „Es ist erwiesen, dass Streicheln und Spielen mit Hunden das Hormon Oxytocin ausschüttet und somit Stress reduziert und das allgemeine Wohlbefinden verbessert.“ Und wenn die Menschen die Welpen knuddeln, dann quellen sie ja über vor Oxytocin und dann ist alles gut. Oder so ähnlich.

Lena und Aaron, die diese Seite betreiben und das hier so anbieten, als wäre das alles auf ihrem Mist gewachsen, kann ich schon verstehen. Es ist ein erfolgversprechendes Konzept und von irgendwas muss der Mensch nun mal leben. Ja, klar, aber bitte nicht auf Kosten der Hunde!

Wenn wir jetzt man von oxycotingefüllten Menschen absehen und genauer untersuchen, was mit den Hunden passiert, dann ist das alles andere als stressfrei und gut für sie. Von „guter Sozialisierung“ ist sowas meilenweit entfernt. Denn:
– Welpen brauchen sehr langsam und gut begleitete Erfahrungen, die ihnen die Welt nahe bringen. Dazu benötigen sie eine Bezugsperson, zu der sie Vertrauen haben und die sich um sie kümmert und ihre Bedürfnisse kennt und dafür sorgt, dass diese auch befriedigt werden.
– sie durchleben bis zum Alter von 6 Monaten mehrere schwierige Phasen: die Trennung von der Mutter und ihren Geschwistern, 2 Fremdelphasen (9. Woche und ca. 16.-18. Woche), und den Zahnwechsel. In dieser Zeit vertragen sie überhaupt keine neuen Erlebnisse, da müssen sie erstmal klar kommen mit dem, was gerade abläuft.
– Warum müssen Welpen auf Yoguretten sozialisiert werden? Weil? Ist es das, was sie im späteren Leben so um sich haben werden?
– Wer achtet auch sie, wenn es zuviel wird oder so ein Kind mal dringend raus muss? Oder keine Lust auf Geknuddeltwerden hat?

Man kann die Liste natürlich weiterführen. Aber ich möchte nochmal auf etwas anderes hinweisen. Es scheint sich dabei nicht um Welpen zu handeln, die man selber mitbringt, also die kleine Fine oder der süße Bobby kommen mit mir in die Yogastunde, sondern ausgewählte Züchter stellen ihre Welpen zur Verfügung, weil sie da ja so super sozialisiert werden, denn, wie wir gelesen haben, müssen sie dafür ja kleine Abenteuer erleben. Da können sich die zukünftigen Besitzer ja richtig freuen, wenn sie dann so ein angeblich super sozialisiertes und in Wahrheit total gestresstes Welpchen holen, weil zuhause geht dann vermutlich erstmal die Post ab.

Ja, liebe Puppy-Yoga-Anbieter, das mit den „kleinen Abenteuern“ ist schon richtig. Nur: die Betonung liegt auf „klein“ und Abenteuer ist relativ. Was für uns eine ganz normale, alltägliche Sache ist, ist für einen Welpen eine sehr komplizierte Angelegenheit. Dauergeknnuddel von wildfremden Menschen, die auch noch quietschen vor Begeisterung, gehört nicht dazu. Das ist Stress pur und wirkt einer guten Sozialisierung genau entgegen.

Stressresistenzen baut man nicht auf, indem der Welpe Dauerstress und nicht kontrollierbaren Aktionen ausgesetzt wird, sondern damit, dass man den Kleinen langsam und vorsichtig an neue Situationen heranführt, ihm Sicherheit und Rückhalt gibt, damit er weiß, an wen er sich wenden kann, wenns schwierig wird. Ich seh da in diesen Videos niemanden, der diese Aufgabe wahrnimmt. Dafür lese ich, dass die Yoguretten ganz beruhigt sein können, da die Welpen alle gesund und bereit zum Knuddeln sind.

Also, um wen oder was gehts?

Ganz einfach. Es geht um naive Menschen mit einer gehörigen Portion Egoismus, die fest davon überzeugt sind, dass andere Lebewesen, z.B. Welpen dringend und ununterbrochen von ihnen geknuddelt und auf den Arm genommen werden wollen. Und es geht um Heu machen, so lange die Sonne scheint.

Deshalb bitte: Finger weg! Unterstützt das nicht und klärt die Leute auf, was für ein Schwachsinn sich da mal wieder breit macht.



1 Gedanke zu „Puppy Yoga! Wer kommt denn auf sowas?“

  1. Ich mache mit meinen Hunden jeden Tag Zuhause Yoga – ich mache Yoga und die Hunde schlafen dabei. Und sind super sozialisiert und entspannt 😁 Alles andere halte ich für Quatsch – allein der Aufwand, eine Truppe Welpen irgendwohin zu karren unter wildfremde Menschen- was hat das mit Sozialisierung zu tun…?

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